Desertfest Berlin 2013 – Day 3de en

Der letzte Tag und somit auch der letzte Desertfest-Bericht für 2013. Macht aber nix, denn obwohl keine Texte mehr kommen, werden noch ein paar weitere Livemitschnitte, Interviews und Festivalvideos in den nächsten Wochen folgen. Man darf also gespannt sein.

An dieser Stelle nochmal ein großes Lob an die Review-Schreiber, die Festivalveranstalter und alle anderen (auch ihr!), die das Wochenende zu einem großartigen gemacht haben.

THEATRE BIZARRE

Neben dem Eingang zum Astra hatte man am Freitag und Samstag die Möglichkeit bei Filmen und Dokumentationen die Beine hoch zu legen und sich vom “Festivalstress” zur erholen. Die Filme, die einem geboten wurden – Last Hippie Standing, Beyond The Infinite und My Sleeping Karma – A Tour Video – dienten nicht nur zum Abschalten, sondern waren teils höchst interessant. Ich möchte an dieser Stelle keine Beschreibungen oder Wertung abgegeben, sondern nur an die drei erinnern:

Ersterer ist eine Dokumentation aus 2001, die nicht nur die Hippiebewegung der 60er Jahre nach Goa in Indien darstellt. Sehr lohnenswert. (-> Trailer)

Sandro Münteners Beyond The Infinite behandelt die europäische Undergoundszene. Neben Interviews mit bekannten Größen aus dem “Stonerbereich” und Livemitschnitten wird beschrieben wie das gesamte Konstrukt entstanden ist und warum es gerade in den letzten Jahren so stark wächst. Sollte für wirklich jeden ein “must have seen” sein. (-> Trailer)

My Sleeping Karma – A Tour Video: Auch den zuletzt genannte Film von Tim Bohnenstingl sollte man sich in gemütlicher und ruhiger Atmosphäre nochmal zu Gemüte führen. Ich konnte leider nur einen kurzen Ausschnitt am Samstag sehen, der aber sehr vielversprechend andeutete, was die Aschaffenburger für eine spaßige Truppe sind. (-> Trailer)

Samstag – 27. April 2013

1000 MODS

Die vier Griechen aus Chiliomodi eröffnen für uns den Samstag, mit im Gepäck ihre Songs aus dem ersten Album Super Van Vacation (-> Review) und der neuen EP. Druckvoll und mit ner Menge cooler Riffs wird auch dem letzten Zuschauer der Vortagskater ausgetrieben. Titel wie 7 Flies und El Rollito begeistern die Leute vor der kleinen Bühne, die für die Uhrzeit verhältnismäßig gut besucht ist. Ihre souveräne Show verdanken sie der vielen Tourerfahrungen, die sie bisher machen durften. Eine weitere aufstrebende Stonerrockband deren Zukunft wir mit Vorfreude abwarten dürfen.

– Kev –

ALUNAH

Eine der größten Überraschungen des Desertfests waren für mich Alunah aus dem sagenumwobenen Birmingham, der Heimatstadt des Heavy Metal. Mir waren sie vorher gänzlich unbekannt und nur die Tatsache das sonst grad nix los war, brachte mich dazu die drei Jungs und die charismatische Sängerin Soph Day zu bestaunen. Wuchtiger Stoner-Doom mit viel Gefühl und Energie, melodischem Gesang und ner Menge Groove lockten einige Besucher von draussen herein. Nickende Köpfe und viel Beifall bestätigten den guten Auftritt der umtriebigen Band. Auf jeden Fall ein Geheimtipp für anstehende Festivals.

– Kev –

FREE FALL

Aus den Überresten von The Soundtrack Of Our Lives und The International Noise Conspiracy formten sich 2009 in Stockholm Free Fall. Mit ihrem selbsternannten Freedom Rock folgen sie den Pfaden alter Rockgrößen wie The Who, AC/DC oder MC5. Treibende Gitarren, rockige Rhythmen und Bon Scott ähnliche Vocals formen das Grundgerüst der Band und nette Soloeinlagen lockern den geradlinigen Rock ab und an auf. Das diese Mischung auch live gut ankommen würde, war zwar in der Stonerszene etwas fraglich, funktionierte aber einwandfrei. Auch mich haben die Schweden überzeugt und ich freue mich schon auf die nächste Gelegenheit sie zu sehen.

– Kev –

GENTLEMAN’S PISTOLS

Mit neuem Bassisten im Gepäck, aber immer noch ernsthaft rockend haben die Gentleman’s Pistols das Foyer ordentlich in Bewegung gesetzt. Sie wissen einfach, wie man in bester 70’s Rock Manier dem Publikum feuer unter dem Arsch macht. Sie haben Spaß dabei und können den auch eins zu eins weitergeben. Nicht nur dass die Songs ohnehin schon echte Kracher sind, die gut nach vorne gehen, so können die Briten sie auch noch mit verdammt viel Spielfreude versetzten und in unsere Gehörgänge pusten.

– Fred –

Kommentar Ruth: Wenn man in Sünde lebt, wird man ja bekanntlich bestraft. Das muss nicht zwingend für jeden zutreffen, zumindest nicht für Gentlemans Pistols-Sänger James Atkinson, der darüber schwadroniert und nicht wirklich Reue zeigt. Und der bebende Rock n Roll seiner Band deutet ebenfalls in eine komplett andere Richtung. Gut für sie, gut für uns. Ein Hauch Blues schleift die sperrigen Ecken noch etwas ab, der fette Bass birgt ein diabolisches Stoner-Lächeln.

FATSO JETSON

Fatso Jetson pflegen einen recht experimentellen Stil, haben sich viel beim Punkrock abgeguckt, stehen aber auch dem Jazz nicht abgeneigt gegenüber und so kann die Truppe um Mario Lalli den gefüllten Saal gut unterhalten. Er selbst ist noch genauso heiß, wie damals und hat die Begeisterung an seinen Sohn Dino abgegeben, der neben ihm eine gut Figur abgibt und den Vater an der Gitarre unterstützt. Die Stimmung ist gut, jedoch beschleicht mich der Verdacht, die Mehrheit ist eher wegen Yawning Man hier…

– Fred –

YouTube Preview Image

YAWNING MAN

Yawning Man betreten die Bühne bzw. ein Teil der Band, denn Mr. Lalli wechselt lediglich von der Gitarre zum Bass und dreht den Mikrofonständer zur Seite. Gesang gibt es bei den Wüstensöhnen bekanntlich keinen und den brauchen sie auch nicht, denn sie schaffen es ganz unverkrampft schöne Soundlandschaften zu produzieren, die zum Durchstreifen einladen. Herrlich unaufgeregt und in tranceartigem Zustand gehen die drei Herren ihrem Handwerk nach. Es wäre noch mehr Platz für Lob, wenn der Sound nicht so unglaublich schrecklich gewesen wäre. Die Gitarre war sehr dünn und viel zu leise, während der Bass alles andere überdröhnte. Irgendwie bekam der Tonmann das Problem nach der Hälfte der Show etwas in den Griff – wobei das wäre zuviel gesagt, er konnte es eher eindämmen – ich empfand es dennoch als störend und hoffe sie noch einmal mit besserem Sound live sehen zu können.

– Fred –

MY SLEEPING KARMA

Eine randvolle Foyerrstage, die von der Band bescheidenerweise der Hauptbühne vorgezogen wurde, deutet schon an das mit My Sleeping Karma ein kleiner Headliner an der Reihe ist. Ich ging schon mit ziemlicher Vorfreude an die Sache heran, aber was Matte, Seppi, Norman und Steffen dieses mal ablieferten, grenzt schon fast an Perfektion. Ihr psychedelischer Groove zieht einen sofort in den Bann, vorm geistigen Auge entstehen farbenfrohe Bilder die von Matte’s Basslinien immer wieder neu geformt werden (btw: ich war nüchtern). Das Zusammenspiel der Jungs ist unglaublich, alles passt genau zusammen. Die Songs an sich kennt man ja, aber live ist die Wirkung potentiell höher.Viele Zuhörer haben die Augen geschlossen, jeder ist in seiner eigenen kleinen Welt und auch ich lass mich einfach fallen. Nachdem alles viel zu schnell vorbei ist und man aus der MSK-Trance erwacht, kann man noch einen crowdsurfenden Seppi bestaunen. Ein Zeichen dafür, dass es nicht nur den Leuten vor der Bühne, sondern auch den vieren auf der Stage einen Haufen Spaß gemacht hat. Nächstes Jahr bitte als Headliner, von mir aus an allen drei Tagen!

– Kev –

Kommentar Nik: Der beste Auftritt am Samstag! Die Aschaffenburger bereiteten nicht nur dem Publikum, sondern auch sich selbst eine riesengroße Freude.

KADAVAR

http://www.stonerrock.eu/wp-content/uploads/2013/05/Kadavar_Desertfest_2013.jpgAm Mammutbar-Mittwoch wurde im Team schon gemunkelt, dass Mammut aus der Mammutbar wohl nicht mehr als Bassist von Kadavar fungiert. Während ihres Auftritts am Samstagabend wurde er durch … von Aqua Nebula Oscillator vertreten, der mittlerweile wohl vollständig als Bassist agiert. Nicht nur der Umstand, dass der Österreicher fehlte, machte den Auftritt nicht zu dem was ich von Kadavar seit ihrer langen Herbsttour im vergangenen Jahr gewöhnt war, sondern auch das Auftreten und der Sound allgemein. Mir fehlten vor allem Spielfreude – das ganze Programm wirkte einfach nur runtergespielt – und dieser gewohnt warme Sound, getragen durch jenen Mammut am Viersaiter. Die Songs vom neuen Album klingen bei nicht so gut, wie beispielsweise Black Sun oder Goddes Of Dawn vom selbstbetitelten Debüt. Alles in allem sollte der Auftritt für jene Besucher, die Kadavar bisher noch nie Live gesehen haben, ein schönes Erlebnis gewesen sein, für die übrigen trifft das wohl eher weniger zu.

– Nik –

Kommentar Fred: Die Shooting Stars der Szene waren, auch nach krankheitsbedingtem Ausfall von Witchcraft, die heimlichen Headliner des Abends. Mit einem Einstieg auf Platz 42 der deutschen Albumcharts mit ihrem zweiten Album haben sie auch über die Szenegrenzen hinaus hohe Wellen geschlagen und sollten jetzt unter Beweis stellen, ob sie dem Hype gerecht werden. Sie werden es.

Kommentar Kev: Auch mit neuem Bassisten liefern Kadavar eine souveräne Show ab. Die neuen Songs kommen gut an, die alten erst recht. Fraglich nur, warum Mammut nicht mehr mit von der Partie ist.

TROUBLED HORSE

Für die kürzlich vom Desertfest Line-Up dahingeschiedenen Witchcraft sprangen die ebenfalls aus Schweden kommenden Troubled Horse ein. Und keiner vergießt auch nur eine Träne, denn einen charismatischeren und hochwertigeren Ersatz konnte man nicht finden. Freundlicherweise begleitet jedoch Simon Solomon – seines Zeichens Gitarrist von Witchcraft – die Band bei ihrer bevorstehenden Tour. Der Sound passt perfekt zu jenen der Substituierten: hardrock-lastiger Psychrock, der direkt aus der dreckigsten Garage gefischt und auf die Bühne katapultiert wurde. Das Augenmerk liegt definitiv am sympathietragenden Sänger Martin Heppich, der hin und wieder gern eine Strangulierung mit dem eigenen Mikrofonkabel andeutet, es dann aber zum Glück immer sein lässt. Diese Leidenschaft dürfte aber scheinbar keine Auswirkungen auf Artikulation und Sangeskunst haben, denn Heppich sprudeln die gesungenen und gesprochenen Worte regelrecht heraus. Auf alle Fälle ein aus dem “Unglück” entsprungenes Highlight!

– Ruth –

ORCHID

Tja, da ist er nun, der Headliner am letzten Abend dieser Festivität. Anders als ursprünglich geplant, aber Orchid machen einen guten Job. In den letzten Jahren konnten sie sich schon in Gefilden des 70’s Heavy Metals und klassischen Doom Rocks einen ehrenhaften Namen schneidern und selbst am letztjährigen Roadburn staunte ich über die 4er-Kombo aus San Francisco nicht schlecht. Orchid sind fast schon ein zu Fleisch und Blut gewordener Abdruck der jungen Black Sabbath – sogar Köperhaltung und Gesangsstruktur von Sänger Theo Mindell gleichen einem damals von Leben und Drogen noch nicht gezeichneten Ozzy Osbourne. Mit Eyes Behind The Wall startet der Hexenkessel einer Band, die fest an ihrer Inspiration und ihr Dogma der 70er Jahre festhält. Das mag für den ein oder anderen auf Dauer vielleicht zu viel des Guten sein oder gar zu eintönig werden, aber an Authentizität scheitert es zumindest nicht. Und die Texte von Capricorn oder Black Funeral werden jetzt schon lauthals mitgesungen – wenn das kein gutes Zeichen ist.

– Ruth –

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