Parasol Caravan – Para Solem
Parasol’s Space Odyssey
Para Solem
Parasol Caravan
Kyuss brachten das Raumschiff zum Landen, einer ihrer Sprösslinge barg seine Wrackteile und machte es wieder flugtauglich: Parasol Caravan, dieses sich immer in instrumenteller Offensive befindliche Wunderwuzzi-Quartett, das in den letzten 5 Jahren aus jeder erdenklichen Konzertvenue-Ecke lugte, unzählige Support- und Headlinershows vollbrachte und schließlich von der Bubentruppe zum kraftstrotzenden Zenit der österreichischen Stoner-Szene avancierte. Die vielen musikalischen Einflüsse und cineastischen Inspirationen waren schon beim Ausstoß ihrer beiden EPs hörbar, das Konglomerat dieser Ingredienzien – Para Solem – darf sich nun endlich in den Longplayer-Superkosmos einreihen.
Nach einem leitmotivpassenden Intro wird mit Rising ein zunächst klassischer Parasolinger-Weg eingeschlagen, der sich hauptsächlich von seiner Bass- und Schlagzeug-Dominanz und den qualmenden Vocals ernährt.
Etwas experimentierfreudiger ist der Nachfolger Veneer, der seine Gift und Galle spuckenden Lyrics mit intelligenten Gitarren-Kieksern und progressivem Drumming versieht und auf diese Weise Melancholie und Fuck-You-Attitüde zu einem groovenden und alles zermatschenden Geröllbrocken formt.
Als fuzziges Äquivalent zerrt Diarancor an Haar und Bart bis einem schließlich Snash mit nur einem einzigen Happen verschlingt. Der Tool-Einfluss war bei den Linzern immer schon sehr präsent und so tendiert vor allem die zweite Hälfte von Para Solem bewusst zu musikalischen Transzendenten, als hätte die Reise in das unendliche Universum schließlich einen neuen Weg gefunden um bislang unergründliche Sphären zu erreichen. Umso lethargischer klingen die von Trostlosigkeit verflochtenen Texte von Sänger Alex, der den wiedererlangten Halt in seinen eigenen Worten findet. Denn schlussendlich muss doch jeder selbst versuchen wieder aufzustehen. „Get out of the mud, the dirt is all you have. Escape the desolate. Everything will be ok“
So viel trockene Selbstkenntnis entdeckt man in der Lyrik des Stoner-Klassizismus eher selten. Mindestens genauso schwermütig schwadroniert wird auch im 6 ½ Minuten-Track Self Mastery, der zumindest instrumentell mehr Harmonie und gesottene Schlagfertigkeit birgt und anfänglich durchaus spannend und abwechslungsreich daherkommt ehe er wieder in den altbekannten Stoner-Trott fällt. Hier verliert das Spannungskarussell kurz an Geschwindigkeit, das aber dank seiner verzerrten Gitarren und wabernden Bässe wieder an Fahrt gewinnt und schlussendlich sämtliches Hirnmaterial aus dem Hypothalamus drückt.
Sollte man die Steinigung vom mammutschweren Black Monolith überstanden und auch das düster-dominante Time Bender sich von der Stirn gewischt haben, geht der gespannte Bogen nun auf den finalen 8-Minüter New Stone über. Ein weiterer Asteroid an Stoner Rock-Power, der einsamen Autofahrten und anderen Eigenbrötlereien dient. War das schon alles? Natürlich nicht, denn ab der dritten Minute stoppt die stonersche Tollerei, nimmt psychedelische Umrisse an, dehnt sich, explodiert und bildet neue Formen. Surrogat zu Lateralus? Die Songstrukturen und Intensitäten ebendieser zeigen zumindest Ähnlichkeiten, nur dass man die Anwendung des Fibonacci-Codes nicht nötig hat. Denn ehe man sich‘s versieht und Gitarrenwände, Beckenwellen und Orgelgedöns ejakuliert werden, tritt wie aus dem Nichts plötzlich eines ein: Stille
Para Solem – ein auf der einen Seite koscheres Werk, auf der anderen Seite ein wiederum verspieltes und gelungenes, experimentelles Album, dessen Klangresultat nicht nur an der großartigen Produktion sondern auch am Zusammenspiel der vier Burschen liegt. Zugegeben, trifft der Gesangstil in seiner Vehemenz und Klangkraft nicht jedermanns Geschmack, doch stößt er zumindest in ruhigen Songmomenten auf Sympathie und Wohlwollen. Bei so viel dargebrachtem Ehrgeiz und Abwechslungsreichtum freut man sich schon auf die kommenden Veröffentlichungen von Parasol Caravan!
1. Take Off
2. Rising
3. Veneer
4. Diarancor
5. Snash
6. Self Mastery
7. Black Monolith
8. Time Bender
9. New Stone
Laufzeit: 49 min
Anspieltipps: Snash, New Stone