Vibravoid – Gravity Zero
get ready to fly
Gravity Zero
Vibravoid
Wenn man sich Vibravoid’s Gravity Zero zu Gemüte führt, könnte man ja fast meinen ein Schaffenswerk der späten 60er Jahre in den Händen zu halten. Eine Zeit der aufstrebenden Pink Floyd, als Syd Barrett kurz vorm LSD-Selbstzerstörungstrip stand oder als die jungen Hawkwind revolutionierten.
Eigentlich haben Vibravoid aus Düsseldorf „nur“ 15 Jahre Bestehen auf dem Buckel, aber genug um ihr bereits sechstes Studioalbum aus der Krautkiste zu lassen. Denn so staubig, abgespaced und retrospektiv der Sound auch ist, so frisch und klischeelos klingt ihr authentischer Psychedelic-Space-Rock.
Mit Gravitation Zero stellen Vibravoid gleich einen Willkommenszaubertrank auf das Tablett, den man ohne zu zögern in sich hineinkippt. Wie der Name sowohl des Openers als auch des ganzen Albums vermuten lässt, bewegt sich der Hörer vom ersten Ton an schwerelos, verliert den Boden unter seinen Füßen und begibt sich auf Zeitreise in archaische Gefilde. Während das Schlagzeug von Frank Matenaar wie ein Mantra seine Endlosspirale zieht, legen Gitarrist und Sänger Christian Koch und Bassist Thomas Gahlen Schicht für Schicht ihrer Instrumente über den Klangkosmos und verfeinern diesen mit filigranen Wah-Wah-Effekten und stetig orientalischem Touch, dessen Hauch sich fortan durch das gesamte Album schlängelt. „beyond Time and Space“…
Christian Kochs sanfte, wohlige Stimme schmiegt sich angenehm an jedes einzelne Stück, wie auch beim flotten, kurzbündigeren No Silver Bird, das mit mehr Keyboard-Dominanz auftrumpft und sich als Cover der 60’s Band The Hooterville Trolley outet und ihnen Tribut zollt. Das Hirn ist spätestens bei diesem Track auf Stand-by und befindet sich fortan im Schwebemodus.
„When I touch you, you will burn my soul. When you touch me , you will lose control“ warnt Koch in Photosynthesis in Darkness. Doch dieses Risiko geht man natürlich gerne ein. Groovig, spacig geht die Fahrt weiter ins Weltall. Mittlerweile gleitet man selbständig und luftig durch Raum und Zeit, dümpelt traumtänzerisch in weit entfernte, farbenfrohe Sphären und genießt die Strömung der endlos scheinenden Musik.
Mit Synthesizern, Stylophon und indischen Instrumenten wie Sitar und Tablas, fängt die Band einen klanglich besonders glaubwürdigen Aspekt des Psychedelic Rock ein ohne in Kitsch abzudriften oder gar ihre Einflüsse und Inspirationen mit lächerlichen Coverversuchen durch den Kakao zu ziehen. Mit Hommagen an alte Meister ihres Fachs wie H.P. Lovecraft (The White Ship, das sich ruhig und langsam wie ein Drogenrausch dahinzieht und einem wie in Zeitlupe dahinrafft) oder Eddie Cochran (Shotgun Wedding) beweisen Vibravoid, dass sie allemal „Europas Nummer-Eins-Psychedelic- und Acid-Rock-Band“ sind.
Elektronisch und tanzbar folgt der 1. Bonustrack La Vie en Düsseldorf, das stark an die Landsmänner von Kraftwerk erinnert, während der darauffolgende – Radiation Zero – der das Ende der Platte heraufbeschwört, noisig, verstörend und fast schon bedrohlich wirkt. Das 10-minütige Stück baut sich knapp bei der Hälfte auf, als sich der vibrierende Bass zu Kennen gibt und sich weiterhin am Nervenkostüm des Zuhörers vergeht, als die weiteren Instrumente schön langsam aber doch Gestalt und Struktur des Songs zurechtformen und Gravity Zero wunderbar psychotisch abrunden.
Wer schon als Kind mal den Wunsch pflegte, mit einem DeLorean in die Kraut-Epoche der 60er Jahre zu reisen, für den wird Gravity Zero ein rigoroses Trostpflaster sein. Vibravoid’s sechster Auswurf bietet eine angenehme Mixtur aus elektronischem Psychedelic, Space und Acid Rock. Auf dieser Platte klingt nichts zu penetrant, nichts zu gepresst oder gezwungen. Alle Arrangements und Instrumente gleiten locker, leicht durch das fast 1-stündige Album und bilden ein in sich geschlossenes und rundum ehrliches Werk ohne mit Protzigkeiten zu prahlen.
Wer weiß, wohin uns die nächste Vibravoid-Platte dahingleiten lässt…
Tracklist:
1. Gravitation Zero
2. No Silver Bird
3. Photosynthesis in Darkness
4. Travelling without Moving
5. Eruptions of the Green Sun
6. Shotgun Wedding
7. Get out of here
8. The White Ship
9. Brainplane
10. La Vie En Düsseldorf
11. Radiation Zero
Laufzeit: 58,49 Min.
Anspieltipps: Gravitation Zero, Photosynthesis in Darkness, The White Ship