Blue Moon Festival 2011

Nach einer fünfstündigen Autofahrt endlich in Cottbus angekommen, befinde ich mich schnell mitten im Geschehen. Moon und Ruins of Wyrd muss ich leider verpassen. In der Umbaupause bleibt also Zeit sich in der Location – dem Chekov – zurecht zu finden. Nachdem eine Security seinen Job an meiner Kameratasche etwas zu Ernst genommen hat, wird es im Eingangsbereich doch gleich viel symphatischer. Links die Bar, wo zu sehr humanen Preisen Bier und andere Getränke angeboten werden. Etwas weiter: Gulaschsuppe. Ähnlich wie beim Rotormania kommt auch hier die heiße Hausmannskost ganz gut an. Dann gibt’s hier außerdem tolle Platten und CDs des Plattenladens White Dwarf. Gegenüber, hinter einer Reihe von Kinositzecken, ist der Merch der Bands aufgebaut. Also überall Orte um Geld in neue Sammlerstücke, oder Speis und Trank zu investieren. Der Rahmen lässt also einiges versprechen.

Endlich darf ich mich auch musikalisch dem Festival widmen. Been Obscene machen für mich also den Anfang. Von den Österreichern hatte ich bis hier her noch nicht so viel vernommen. Den ein oder anderen Song vom ersten Album zwar schon gehört, aber noch nicht nicht wirklich in der Materie drin, sollte sich das jetzt alles ändern. Die zwei Gitarren erzeugen eine irre Grundstimmung, die von wechselnden Melodien zusammengehalten werden. Der Sound ist „anders“ und doch vertraut. So findet man sich schnell in die Klangwelt von Been Obscene ein. „Klingt wie Colour Haze“ höre ich in einer Pause. Stimmt nur bedingt. Schön wie Colour Haze, aber kompakter und vertrackter. Passend zum Thema „Nacht“, das auf dem neuen Album Night O’Mine behandelt wird, braucht man auch beim Sound etwas Zeit, um sich zurecht zu finden. Langsam tastet man sich voran, um dann zum Ziel zu gelangen. Mich hat das so überzeugt, dass ich mich mit den netten Jungs drei Tage später gleich zum Interview verabredet habe.

Nachdem also mit den Salzburgern etwas gequatscht wurde, geht es weiter mit Dead Man. Diese beenden am heutigen Abend ihre zweiwöchige Europatour. Die Schweden erinnern mit ihrem 70er-Jahre-geschwängerten Sound an Bands wie Witchcraft und vorallem Graveyard. Sehr geil, durfte ich doch beide schon lange nicht mehr live erleben. Die Vocals sind sehr entspannt und doch spannend. Die Songs haben ordentlich Groove und rocken ordentlich. Die Schweden haben Spaß. Wir auch.

Zum Abschluss gibt es noch die Berliner Samsara Blues Experiment. Die sind ja zur Zeit mit My Sleeping Karma unterwegs und haben so schon ausreichend bewiesen, dass sie einen live einfach wegblasen! Für mich war es das fünfte Mal Samsara. Wie immer eine wahre Freude. Einfach die perfekte Mischung aus abgedrehtem Psychedelic und ordentlich Wums! Und laut ist es. Das ist mir besonders wichtig. Die Songs von neuem und alten Album halten sich die Waage. Gut so, sind doch beide gleichermaßen genial. Bevor ich aus dem Schwärmen nicht mehr rauskomme, höre ich auf. Super.

Anschließend wird sich noch bis drei Uhr mit den Bands unterhalten. Unser Zimmerpartner (hey Thomas!) lässt sich nur ungern überreden das Chekov zu verlassen. Das kurz darauf Aufbruchstimmung herrscht, passt daher perfekt. Mit Samsara Blues Experiment und anderen Gefährten wird noch bis nach fünf um die Häuser gezogen, bevor wir endlich in unsere Betten in der Jugendherberge fallen dürfen. Was ein Abend.

Samstag

Der Samstag beginnt sehr entspannt. Die erste Band spielt ja dankenswerter Weise erst um 20 Uhr. Also heißt es: Ausschlafen, antrinken, interviewen, relaxen.

Von Iguana bekomme ich, auf Grund von diversen Verpflichtungen (5 Minuten Interview), leider nur noch das Ende mit. Klang aber echt sehr solide, und werde ich mir an anderer Stelle sicher nochmal genauer anhören. Möglich eine weitere junge Perle unwissend vor Augen gehabt zu haben.

Dann folgt das Power-Packet mit Sasquatch, Roadsaw und Dixie Witch, die gerade zusammen touren. Teilweise zum ersten mal in Deutschland! So ist die Freude auf beiden Seiten groß, als die Stimmung zum ersten mal so richtig überkocht. Die drei Bands klingen zwar nicht gleich, bewegen sich aber musikalisch und Performance technisch in den selben Welten. Soli und Posermoves gehören genauso dazu, wie eine motivierende Ansage nach jedem Song. Dreadlock-Geschleudere, Drumstick-Spinning und Mikro-Umhergewirbele zeigen doch das eher „amerikanische“ Auftreten der Bands. Das Geprolle, das an einer anderen Stelle vielleicht aufgesetzt wirken würde, macht heute übel Laune und bringt die Leute endlich zum Tanzen und Bangen. Etwas schade vielleicht, dass alle Bands direkt nacheinander auftreten. Der fette, basslastige Sound verliert dann irgendwann nämlich doch an Reiz und Abwechslung. Im Nachhinein fällt es schwer zwischen den Bands bzw. Auftritten zu differenzieren. Definitiv drei gute und geladene Shows. Ich muss aber sagen, Roadsaw haben mir am besten gefallen.

Ähnlich wie bei Been Obscene hatte ich White Hills bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Amerikaner sollen abgedrehte Spacerock-Orgien zelebrieren? Mal sehn. Schon beim Soundcheck wird das spannend. Eine in Glitzersteinklamotten gezierte Blondinenbassistin, und ein silberfarben geschminkter, etwas älterer Sänger/Gitarrist, sind schonmal was fürs Auge. Nach ein paar Problemen mit dem Hallsound der Vocals geht es los. Ich habe versucht zu Hause nochmal das selbe zu erfahren, was ich in der folgenden dreiviertel Stunde aufnehmen durfte. Es klappt nicht. Auf CD taugt mir das nicht. Aber live. Und wie! Wabbernder Bass und der wirklich unglaublich schnelle Drummer setzen das Fundament für Daves irre Gitarrenexzesse. Manchmal heavy monoton, manchmal wahnsinnig komplex. Wahnsinnig; gutes Stichwort. Sänger Dave reisst zwischenzeitlich, mit verdrehten Augen, die Gitarre weit über den Kopf und starrt dann wild und herausfordernd ins Publikum. Absolut genial und für mich die Überraschung des Abend. Eine Charakterband.


Voller Song.

Als krönenden Abschluss dürfen dann die Berliner DxBxSx (Drive By Shooting, Die Berliner Strolche, oder what ever) die Bühne betreten. Sichtbar erleichtert endlich an der Reihe zu sein, legen die drei gleich richtig los. Mit Zugriff. Das Titelstück und der Opener der aktuellen Platte. Gute Idee. Schnell füllt sich der Platz vor der Bühne, so dass Sänger Tom und das Publikum, sich gleichermaßen laut, Zeilen wie „Aaaaah ihr habt die falsche Tür“ gegenseitig ins Gesicht brüllen können. Die Stimmung ist sofort auf 180 und von da an wird es eigentlich auch nur noch besser. Der deutsche Gesang und die punkige Attitüde sind auf dem kleinen Stonerfestival absolut nicht fehl am Platz. Alle scheinen dankbar sich endlich mal die Seele aus dem Leib schreien zu können, anstatt sich von dröhnendem Desertsound das Gehirn zermatschen zu lassen. Mit der Position von DxBxSx an letzter Stelle wurde auf jeden Fall alles richtig gemacht. Trotz langer Wartezeit seitens der Bands. Als Opener bei Tageslicht, auf größeren Festivals wie dem Rotormania und SftU kamen sie nicht wirklich in vollem Umfang zur Geltung. Nicht so heute Abend. 50 cm hohe Bühne; quasi direkt im Publikum, viel Schweiß und Rauch. Genaus so muss es doch sein? Fast jeder Song entpuppt sich als kleiner Hit und Mitgröhlhymne. Mit Rauchwehr wird kurzerhand das Antirauchergesetz aufgehoben und mit Wachschutzsau ein netter Gruß an den anfangs erwähnten Securityhelden gesendet. Nach Du, Ziemlich bald und den anderen erreichen Band und Publikum ein gemeinsames Glückerlebnis beim Umherrocken. Als Zugabe gibt es noch Berlin ist sooo geil. Bitte bald wieder! DxBxSx, sind sooo geil. Ganz ohne Ironie.

Zwar kommt vom DJ Pult noch gute Musik, aber schnell löst sich die Gemeinschaft auf. Ist ja auch anstrengend, so viel Musik und Bier. Insgesamt ein sehr, sehr symphatisches Wochenende und ein gut organisiertes, kleines Festival. Tolle Bands und nette Leute, die eine gute Zeit zusammen verbringen wollen. Der über penible Türsteher bleibt eine Ausnahme. Der Rest des Teams ist stets freundlich. Nächstes Jahr will ich mehr Leute in dem Laden sehen!
An dieser Stelle nochmal ein rießen Dankeschön an David von Rockzilla für die Gastfreundschaft.