John Garcia – John Garcia (Review, 2014)
Ein (halbes) Lebenswerk
John Garcia
John Garcia
Das unspektakulär betitelte Soloalbum John Garcia des gleichnamigen Sängers scheint auf den ersten Blick einen Anfang darzustellen. Nämlich den Anfang der Solokarriere des Mannes, welcher unter Kyuss, Unida und Slo Burn zur „Stimme der Wüste“ avancierte. Um sein Soloalbum endlich verwirklichen zu können, lehnte er Angebote von Unida und Vista Chino ab – beide Bands wollen neues Material veröffentlichen. Doch auf gewisse Weise ist dieses Album das Endprodukt eines jahrzehntelangen Weges und eine Herzensangelegenheit des umtriebigen Vokalisten. Erste Fassungen einiger der Songs auf John Garcia entstanden schon während der ersten Tage von Kyuss und weitere sammelten sich über die zahllosen Touren, Nebenprojekte und Erfahrungen in einem Pappkarton im Hause Garcia an. Das schlägt sich auch in der wild zusammengewürfelten Liste der Gastmusiker nieder: Nick Oliveri (Kyuss, Queens of the Stone Age), Robby Krieger (The Doors), Chris Hale (Slo Burn, Brave Black Sea), Danko Jones … man könnte noch die eine oder andere Zeile füllen. Aber nun genug des historischen Vorgeplänkels.
Die ziemlich genau 45-minütige Reise beginnt mit My Mind. Zwei trockene Drum-Beats müssen als Einleitung reichen, direkt danach befindet sich der geneigte Desert-Rock-Fan im von ihm bevorzugten Habitat bestehend aus trockener Gitarrenwand und wummerndem Bass. Nach wenigen Sekunden beginnt auch schon das Gekrähe Garcias. Insgesamt erinnert der Opener –vor allem im Refrain- an Hermanos My Boy. Es folgen die Riff-Kracher Rolling Stoned und Flower. Bei ersterem handelt es sich um ein Cover der kanadischen Band Black Mastiff und wartet in der gut 90-sekündigen Intro bereits mit mehreren zerstörerischen Riffs auf, welchen Fans von Fu Manchu das Herz aufgehen lässt. Unterlegt wird das Ganze mit einem repetetiven, aber wirkungsvollen und griffigen Bass. Garcia hält sich hier eher zurück und hat nur wenige, recht lakonisch gehaltene Vocal-Parts. Ein frühes Highlight des Albums! In Flower blüht der Namensgeber des Albums auf und beansprucht den Vordergrund wieder für sich. Mit verzerrter Stimme schreit sich Garcia markant durch den vier-minütigen Song. Seiner Stimme und auch dem Zuhörer wird an dieser Stelle eine Ruhepause gegönnt. The Blvd beginnt ruhig und mit einem bassigen Groove, der kein Entrinnen zulässt. Der vertiefte Zuhörer wird von einem abrupten Wechsel hin zu einem harten Chorus überrascht und aus seinem Groove gerissen.
Der von Danko Jones auf einer gemeinsamen Tour für Garcia verfasste Song 5000 Miles kann mit seinem simplen, sich wiederholenden Riff nicht mit den vorangegangenen Songs mithalten und bildet zusammen mit Confusion am Ende der A-Seite einen Tiefpunkt der Platte. Confusion löst aufgrund der Abgeschiedenheit der ansonsten überraschend kohärent-wirkenden Titelansammlung tatsächlich etwas Verwirrung aus. Minimalistische, stark verzerrte Gitarrenanschläge und die ausnahmsweise vollkommen klare Stimme Garcias quälen den Zuhörer über dreieinhalb Minuten.
Die B-Seite wird von His Bullets Energy eingeleitet – einer Nummer die in dieser Form auch auf der unveröffentlichten zweiten Unida LP hätte landen können. Argleben ist wieder stark auf den Gesang Garcias fixiert und bietet instrumentalisierungstechnisch wenig Kreativität. Anschließend kommt mit Saddleback ein weiterer Unida-ähnlicher Track. Das Gitarrenspiel ist sehr nahe an dem Stil des Unida Gitarristen Arthur Seay. Mit unter drei Minuten ist dieser Song der kürzeste der Scheibe – trotzdem gibt es einen kurzen, feinen Solo-Part der Rhythm-Section. Auf Saddleback folgt die Neuaufnahme des Slo Burn Songs Cactus Jumper. Der Smasher bekam ein neues Intro unter Mithilfe des Yawning Man Gitarristen Gary Arce, wurde ein wenig verlangsamt und trägt den Namen All These Walls. Hierfür konnte Garcia neben dem damaligen Bassisten Damon Garrison –welcher Großteile der Basstracks von John Garcia (also dem Album) einspielte- auch den Slo Burn Gitarristen Chris Hale an Bord holen. Bei dieser wilden Nummer gerät Garcia an seine stimmlichen Grenzen und die neue Version kommt nicht an das Original heran. Dass sich Garcia mit 43 Jahren die Seele nicht mehr derart aus dem Körper schreien kann, wie er es vor knapp zwei Dekaden noch tat, kann allerdings auch niemand erwarten. Der elfte und letzte Song Her Bullets Energy begrüßt den Hörer mit versöhnlichen und harmonischen Akustik-Gitarren- und Mandolinenklängen. Der Urheber ist niemand Geringerer als Robby Krieger von The Doors. Nach knapp einer Minute kunstfertigen Geklimpers stößt Garcia ruhig und gedankenverloren dazu. Die mit Abstand besten Minuten des Albums folgen und die langsam ausklingende Gitarre Kriegers entlässt den Zuhörer sanft.
Insgesamt merkt man John Garcia (Album) seine lange und unstetige Entstehung an. Es gibt einzelne Höhepunkte, aber vor allem der mittlere Part hat seine Längen und teilweise auch Tiefpunkte, welche glücklicherweise von dem starken Anfang und dem überragenden finalen Track Her Bullets Energy ein wenig gerade gerückt werden. Natürlich liegt der Fokus des Long-Players auf der Stimme des Namensgebers, das wirkt sich jedoch bei einigen Songs sehr nachteilig auf die Instrumentalisierung aus, die stets solide, aber teilweise unkreativ und schlicht langweilig ausfällt. John Garcia (Person) wird nach einer kurzen Australien-Tour im September längere Zeit in Europa unterwegs sein und dort mit Sicherheit auch den einen oder anderen Song seiner vorangegangenen Projekte zum Besten geben.
01. My Mind
02. Rolling Stoned
03. Flower
04. The Blvd
05. 5000 Miles
06. Confusion
07. His Bullets Energy
08. Argleben
09. Saddleback
10. All These Walls
11. Her Bullets Energy
Laufzeit: 44:52 min
Anspieltipps: Rolling Stoned, The Blvd, Her Bullets Energy
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