Archive for August, 2011

DxBxSx – Zugriff

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Mutiger Punk Rock aus Berlin auf elektrohasch

Zugriff

DxBxSx

Wer kennt das nicht… nach stundenlangem Stoner Rock hören, ist irgendwann auch mal genug. Genug vom trockenen Wüstenrock, genug von ausschweifenden, psychedelischen Gitarrenwelten. Und sind wir 100% ehrlich: Inhaltlich drehen sich die meisten Songs doch um Planeten, Autofahren, Frauenkörper oder Drogenkonsum. Nicht das uns das nicht gefallen würde, aber Denkanstösse oder Kritik liefert das selten.
Daher können wir uns glücklich schätzen, endlich mal wieder einen Außenseiter in unseren Reihen willkommen zu heißen. DxBxSx (oder auch Drive By Shooting) kommen aus Berlin und machen deutschen Punk. Wie man das erwarten darf, bekommen wir also tatsächlich politik – und gesellschaftskritische Texte zu hören. Neben der Musik, sollte man also auch dem inhaltlichen Aspekt eine Menge Aufmerksamkeit schenken, um DxBxSx voll auszukosten. Zwar sind die Songs (ebenfalls wie man es von Punk erwartet) recht kurz, dafür gibt es aber gleich 14 Stück, und die haben es in sich.

In Rauchwehr (offizielles Musikvideo) wird zum Beispiel mit dem Antirauchergesetz abgerechnet. “Wir woll’n das Leben nur genießen, und niemand seinen Spaß vermiesen.” heißt es da. Das überzeugt durch einen treibenden Beat und einem Refrain zum mitgröhlen. Überhaupt scheint fast jedes Lied mindestens eine Zeile zu haben, die man am liebsten laut mitsingen würde. In Zugriff ist es “Aaaaah, ihr habt die falsche Tür!” und in Ziemlich bald, nun ja, “Ziemlich bald”.
So offen und ehrlich wie das Cover ist, sind auch viele der Lyrics. Wer dem ganzen eine Chance gibt, wird irgendwann gefesselt und das Teil kann als richtiges Suchtmaterial bezeichnet werden. Hinter fast jedem Song kann man ein fettes Ausrufezeichen vermerken.

Auch wenn es heißt “Wir sind unheilbar krank / Diese Krankheit nennt sich Punk”; um reinen Punk handelt es sich bei Zugriff mit Sicherheit nicht. Der langjährige Kontakt der Band mit der Stoner Szene merkt man dem Sound durchaus an. So kann sich garantiert jeder mit dieser Ausnahmeplatte anfreunden.
Eine innovative und witzige Scheibe, die sich vom Rest der Masse abhebt, und doch bitte als Vorbild für andere Bands fungieren sollte, mal etwas anderes zu probieren und riskieren.
Also heißt es für euch jetzt eigentlich nur noch: Zugriff!

1. Zugriff
2. Ich brenne
3. New Beat
4. Sorry
5. Weest Bescheed
6. Der Zaun
7. Die Ex vom Otto
8. Liebesgrüße aus Neukölln
9. Du
10. Wachschutzsau
11. Rauchwehr
12. Ziemlich bald
13. Hart IV oder Superstar
14. Berlin is sooo geil

Laufzeit: ca. 40 Minuten

Anspieltipps: Rauchwehr, Zugriff, Ziemlich Bald, Berlin ist sooo geil

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Sungrazer – Mirador

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So, da ist es also!

Mirador

Sungrazer

Ich denke, in den letzten Monaten wurde wenig anderen Releases, vor allem von einer Band die noch relativ „frisch“ dabei ist, so entgegen gefiebert wie dem Nachfolger des selbstbetitelten Sungrazer Debüts.
Es war eine ausgewogene Mischung aus psychodelischen Jams, harten Riffs, haushohen Grooves, einem relaxten Gesang und großen Songstrukturen, die ihre Debüt-EP so schmackhaft gemacht haben. Hinzu kamen ausgedehnte Touren, die Sungrazer weit über die Grenzen der Niederlande bekannt gemacht haben, nicht zuletzt durch die Up in Smoke-Konzertreihe, bei der die Band mit ihren Elektrohasch-Kollegen von Rotor und Colour Haze sämtliche Bühnen Europas geentert hat.

Nun steht mit Mirador das neue Album des Trios in den Läden. Und nach den ersten Höreindrücken kommt das Album an die hohe Messlatte des Vorgängers ran. Der Opener Wild Goose kommt ihn ähnlicher Manier wie Zero Zero, dem Eröffnungsstück der letzten EP, daher. Man fängt ganz gediegen an, Beckenschläge werden lauter, eine cleane Gitarre spielt ein verträumtes Riff, wird dabei von besagtem Becken in hohem Tempo getragen, was dem Song direkt von Anfang an einen hohen Drive verleiht, trotz der am Anfang noch ruhigen, sich im Hintergrund befindenden Gitarren. Wenn dann der ruhige Gesang Rutger Smeets‘ mit diesem entspannten Riff verschmilzt, ist man endlich bei Sungrazer angekommen.
Die ruhige Strophe kann man jedoch getrost als Ruhe vor dem Sturm ansehen, brechen im Refrain die brachialen Gitarrenwände über einen herein um die Matte zum schütteln zu bringen, was zweifelsohne gelingen wird. Nach kurzem Jam-Part wird ein neues „Zwischenriff“ eingeworfen was durch Groove und Sound alle Dämme beim Hörer brechen lässt um dann wieder den Kreis zum Beginn zu schließen. Richtig gut.

Beim darauffolgenden Instrumentalstück Octo lassen die drei Jungs mal ihrer Zerstörungswut freien Lauf und zerlegen in ein wenig mehr als drei Minuten das Studio. Zumindest hört es sich so an, im positiven Sinne aber. Fieseste Fuzz-Sounds, brettharte Gitarren, ein dominanter Bass und einem Hans Mulders der die Felle seines Schlagzeugs versohlt, als ob es kein Morgen mehr gäbe, blasen zum Frontalangriff auf dein Gehör um sich dort festzusetzen. Notfalls mit Gewalt. Man muss sagen, es gelingt ihnen.

Nach diesem relativ kurzen und schmerzvollen Ritt werden wieder ruhigere Töne angeschlagen. Das achtminütige Sea beschreitet wieder psychodelischere Pfade, um sich über die Länge des Songs immer weiter in seinen Breaks zu steigern, den Sound der Gitarre hochzufahren, sowohl Effekt- als auch Lautstärketechnisch, um nach einem sphärischen und ruhigen Mittelteil dem Hörer die volle Breitseite zu geben. Der absolut gelungene Spannungsbogen des Stückes macht es fast unmöglich, sich der Energie des Endes zu verschließen und ruhig sitzen bleiben zu können.

Behind spielt in einer ähnlichen Liga, nur wird hier der Spagat aus laut und leise noch ausführlicher und länger zelebriert. Über fast 14 Minuten schlängelt sich der Song durch das Ohr. Er nimmt den Hörer mit in ein eigens kreiertes Universum aus wunderbaren Klängen und Melodien, gleichzeitig hält er auch eine Menge harter Riffs parat, was einem Wechselbad der Gefühle gleicht. Zuckerbrot und Peitsche, und das über eine knappe Viertelstunde. Der Spagat funktioniert.

Als einer meiner Favoriten entpuppt sich das Titelstück Mirador. Eingeleitet von einem stoisch ruhig spielenden Schlagzeug geht es nach einiger Zeit über in ein absolutes Groovemonster, bei dem kein Auge trocken bleibt. Interessante Rhythmen und Tempowechsel halten den Hörer bei der Stange, lassen ihn tanzen und headbangen um ihn mit dem gelassenen, melodiösen Ausklang des Stückes wieder ein wenig Ruhe zu gönnen.

Das an- und abschließende 34 & More macht da weiter, wo Mirador aufgehört hat und lädt nochmal zum entspannen ein. Das wird man auch nötig haben nach diesem Album.
Sungrazer haben es geschafft, das Niveau ihres Debüts zu halten, wenn nicht sogar zu steigern. Ein Überhit wie Common Believer ist leider nicht auf der Platte vertreten, aber man kann ja nicht alles haben.

1.Wild Goose (5:20)
2.Octo (3:11)
3.Sea (8:07)
4.Goldstrike (4:58)
5.Behind (13:48)
6.Mirador (8:25)
7.34 & More (4:35)

Laufzeit: ca. 48 Minuten

Anspieltipps: Wild Goose, Sea, Mirador

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Tracker – How I became an Alien

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Drei Jungs aus den Tiroler Bergen lassen ein Debüt von der Leine, was wirklich vom ersten Höreindruck an zu überzeugen weiß.

How I Became an Alien

Tracker

Bereits 2009 erschien ihre in Eigenarbeit hergestellte EP Man Made Noise, die in einschlägigen Kreisen bereits mittelhohe Wellen geschlagen hat. Da die EP offiziell gar nicht erhältlich war, machte man sich schnellstmöglich auf die Suche nach einem entsprechenden Label und so wurde Sulatron Records zur neuen Heimat von Tracker.

Nun ist das offizielle Debüt How I Became An Alien dort erschienen, welches sowohl Songs der EP in überarbeiteter Version als auch neue Songs enthält.
Man schiebt die CD in den Player und nach einem kurzen Vorgeplänkel drängt sich im Opener Tight Fit schon ein erstes, bluesgetränktes Wüstenriff leise in den Vordergrund um Sekunden später vom Schlagzeug schon mit auf große Fahrt genommen zu werden. Dabei galoppieren Schlagzeug und Gitarre um die Wette und packen den geneigten Hörer sofort am Nacken und eher man sich versieht, galoppiert der Kopf mit. Strophen mit dem richtigen Grad an Coolness und einem Refrain, der haften bleibt machen aus dem Song einen absolut gelungenen Einstand. Persönlicher (und einziger) Wermutstropfen für mich an diesem acht Minuten langen Song ist jedoch, dass er eigentlich schon nach etwas mehr als vier Minuten vorbei ist, danach aber noch weitere viereinhalb Minuten durch einen schleppenden Noisepart inklusive Klavier (Keyboard?) etwas künstlich in die Länge gezogen wird.
In etwa wie ein Ritt auf der Achterbahn bei dem die Hälfte der Strecke bei verminderter Geschwindigkeit zurückgelegt wird: man kann zwar von oben besser die Aussicht genießen, einem fehlt aber der heftige Fahrtwind im Gesicht und der Adrenalin Spiegel begibt sich auch wieder zurück auf Normalniveau.
Recommended Fool kriegt aber nach dieser kurzen Durststrecke am Ende wieder die Kurve und schmeißt einem ein dreckiges Westernriff vor die Füße, was live sicherlich für leichte Nackenschmerzen sorgen könnte.

Weiter geht’s mit Blower. Grundgerüst für diesen acht minütigen Brocken sind ein sich zunächst repititierendes Riff und das schnelle Spiel der Hi-Hat des Schlagzeugs. Auf Sechzehntel-Ebene jagt die Hi-Hat den Rest des Trios vor sich her, die Gitarre spielt das Riff auf gleicher Geschwindigkeit wie die Hi-Hat wodurch der Song zusätzlich noch an Drive gewinnt. Nach etwas mehr als zwei Minuten kommt wieder ein Bruch ins schleppende, eine Wand aus Gitarre, Bass, Synthesizer und einem Kaossilator schraubt sich in die Höhe. Die Wand türmt sich weiter auf um schließlich nach einem gelungenen Crescendo völlig in sich zusammenzufallen um den Weg wieder freizumachen für die Hi-Hat auf Höchstgeschwindigkeit und einer abschließenden Fuzz-Solo-Orgie, bei der Luftgitarreneskapaden vorprogrammiert sind.
Das folgende The Hypnotized schlägt ein etwas langsameres Tempo an, macht seinem Namen mit hypnotischem Riff auf Dauerschleife alle Ehre und verpackt auf psychodelischer musikalischer Ebene sogar eine politische Message, die sich der gesellschaftlichen Lethargie gegenüber Missständen jedweder Art widmet.
Nächster Höhepunkt wäre Window Shopper. Eine Gitarrenlick, wie es die Stooges nicht dreckiger hinbekommen hätten eröffnet den Song und über seine volle Distanz von knapp sieben Minuten weigert, diesen Dreck abzuschütteln. Eine Bridge, aus Josh Hommes Feder hätte stammen können leitet zu einem eskalationsgeladenen Refrain über, der alles zersägt, was ihm in die Quere kommt.

Tracker haben hier wirklich ein gutes Debüt auf die Beine gestellt. Sie schaffen einen Spagat aus Fuzzrock, dicken Wüstenriffs, streuen hier und da psychodelische Spacerock-Eskapaden und hauen noch etwas Krautrock dazu. Das alles gelingt ihnen, ohne die Übersicht über den Song als Gesamtes zu verlieren und diesen Überfrachtet erscheinen zu lassen.
Abgesehen von dem ein oder anderem Noisepart, den man hätte kürzen können kennt How I Became An Alien nur einen Weg: aus dem Verstärker direkt über das Ohr in die Beine.
Zulegen!

1.Tight Fit (8:28)
2.Recommended Fool (4:20)
3.Blower (7:59)
4.The Hypnotized (5:42)
5.Impregnated Eye (6:34)
6.Window Shopping (6:43)
7.Deregulate (6:31)
8.Below Radar (8:28)
9.Blender (4:49)

Laufzeit: ca. 59 Minuten

Anspieltipps: Tight Fit, Recommended Fool, Blower

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7.5

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