Handgemachte Bluesrock Grooves
Direkt beim Opener bekommt man eine ordentliche Portion Bluesrock um die Ohren gehauen. Wenn man dann noch ein paar Songs mehr hört, ist schnell ein Muster erkennbar, beim Erstlingswerk der Karlsruher All Haze Red: Noch mehr Bluesrock…und zwar von der guten Sorte. Die „gute Sorte“ ist progressiver und es wird unbekanntes Terrain beschritten, statt uninspiriert die gleiche Suppe nur noch einmal aufzukochen. All Haze Red tun ersteres, wobei dann Songs wie What I Know herauskommen, was irgednwie nach Soundgarden und Spießgesellen klingt, sich aber trotzdem noch innerhalb des Stils der Band bewegt.
Und die vier Herren haben bereits auf ihrem Debut einen Weg eingeschlagen, den sie getrost weiter gehen können, denn ein bisschen Lonely Kamel hier, ein wenig Black Sabbath da und dazu eine Prise Clutch verbinden sich homogen mit dem bandeigenen Stil und ergeben eine packende Mischung.
Was zwar nicht als Leitmotiv bezeichnet werden kann, dafür ist es zu spärlich eingesetzt, aber dennoch eine nicht zu vernachlässigende Rolle bei diesem Album spielt, ist das „Ferner Osten/ Orient-Motiv“. Es wird in Songs verwendet, wie z.B. Come Alive, der mit Akustikgitarre beginnt und nach den ersten Sekunden eine Stimmung erzeugt, bei der ich mir nicht ganz sicher war, was ich davon halten sollte. Zum Glück musste ich mir darüber auch keine weiteren Gedanken machen, denn nur wenige Sekunden später zieht das Tempo an, der Overdrive Regler wird höher geschraubt und der Song entfaltet sich als, nicht ganz schnörkelloses, Hardrock-Stück mit gutem Solo und benanntem orientalischem Outro.
Obwohl die Mehrheit der Songs einen wunderbaren Soundtrack zu einer klassischen Kneipenschlägerei hergeben würden, kommt Summer Kiss balladesque und fast schon gefühlvoll daher, was den Gesamteindruck des Albums ein wenig auflockert und viel Spaß beim Hören bietet.
Do or Die hingegen knallt wieder gewaltig und lädt im Refrain, mit mitgröhlfreundlichen Lyrics, zum Mitsingen ein.
Zu guter Letzt fetzt No Regrets aus den Boxen, wo Sänger Zeb noch einmal glänzen kann und ich sowieso über den Gesang auf der Scheibe nur Gutes zu berichten weiß.
Diese Art Riffs sind für solche Stimmen erfunden worden.
All Haze Red ist für ein Debüt sehr ausgereift und solide produziert, die Stimmung passt genauso, wie die Verschiedenheit der Songs, die sich dennoch in soweit ähnlich sind, dass das Album in sich Stimmig ist und ein Konzept erkennbar ist, dass alles zusammenhält und Altbekanntes mit Neuem vereint. Gut gemacht, aber es ist noch reichlich Ausbaupotential vorhanden, deshalb bin ich auf die Live-Umsetzung und weiteres Liedgut gespannt.
Laufzeit: ca. 57 min.
Anspieltipps: Chosen Few, Summer Kiss, No Regrets